«In Liechtenstein wird man auch mit kleineren Volumina ernst genommen»
David Gamper spricht im Interview mit Robert Gillinger vom Börse Express über die Stärken des Liechtensteinischen Fondsplatzes.
Börse Express: Sie sind Geschäftsführer des LAFV, des Liechtensteinischen Anlagefondsverbands – vielleicht als kurze Einführung: was ist Aufgabe des Verbands. Ein wenig mit dem VÖIG vergleichbar, dem Verband der österreichischen Investmentgesellschaften?
David Gamper: Das ist quasi unser Pendant in Österreich. Bei uns kommt dazu, da Liechtenstein ein sehr kleiner Heimatmarkt ist, dass wir mehr Marketing im Ausland für den Fondsstandort betreiben.
Börse Express: Marketing in der Hoffnung, dass …?
David Gamper: … Asset Manager, die nicht so groß wie die Blackrocks dieser Welt sind und einen Fonds auflegen wollen, dies in Liechtenstein tun.
Börse Express: Warum der Fokus auf kleinere Gesellschaften – ein Blackrock bringt doch gleich auf einen Schlag ein immenses Volumen?
David Gamper: Die Blackrocks haben ihre Strukturen in den Crossborder- Standorten Luxemburg und Irland bereits aufgebaut. Wir konzentrieren uns auf Private-Label-Fonds. Eine Nische, in der wir sehr erfolgreich sind.
Börse Express: Was macht aus Ihrer Sicht diesen Erfolg aus?
David Gamper: Bei uns wird man auch mit kleineren Volumina ernst genommen … daraus entstehen dann oft grosse Gesellschaften, denen wir auf die Beine geholfen haben. Stark sind wir auch bei individuellen Lösungen, wo sehr viel Know-how erforderlich ist.
Börse Express: Das Know how-dazu kommt von wo?
David Gamper: Aus der jahrzehntelangen Erfahrung, unter anderem auch durch unsere Treuhänder, die Stiftungsvermögen auf der ganzen Welt strukturieren und verwalten. Unsere Stärke sind nicht Standard-Produkte – wir finden die individuelle Lösung.
Börse Express: Schnelligkeit gilt auch als Erfolgsgarant des Finanzplatzes – etwa bei Fondsgründungen. Viel unkomplizierter als im Rest Europas dürfte es nicht sein, da die gleichen Regeln gelten. Was macht diese Schnelligkeit aus, die Manpower? Oder interpretiert man die Regeln etwas weicher?
David Gamper: Die Regeln werden eingehalten. Aber ein einfaches Beispiel dazu aus dem Bereich der UCITS-Fonds: Ob ein Aktienfonds Europa oder Amerika zum Inhalt hat, es ist immer ein Aktienfonds. Der Text dieser Dokumente unterscheidet sich im Normalfall kaum. Wir haben also von der Finanzmarktaufsicht bereits angenommene Musterprospekte, bei denen nur noch wenige Dinge geändert werden müssen, der Rest bleibt Standardtext. Andere Standorte wollen mehr verdienen und erstellen jedes Mal einen neuen Prospekt. Bei uns ist außerdem gesetzlich verankert, dass die Zulassung eines UCITS-Fonds nicht länger als 10 Tage dauern darf.
Börse Express: Liechtenstein profitiert auch vom Passporting mit der EU, womit etwa Schweizer Fondsanbieter den Umweg Liechtenstein in die EU nutzen. Sehen wir eine ähnliche Bewegung aus Grossbritannien oder ist so etwas zu erwarten?
David Gamper: Für Liechtenstein sehen wir das nicht. Die Sprache ist ein sehr wichtiger Faktor, da liegt Irland näher. Und Luxemburg hat extra eine Fast-Lane für britische Anbieter eingerichtet und liegt geographisch ebenfalls näher.
Börse Express: In der Roadmap 2025 des liechtensteinischen Bankenverbands findet sich die Leitlinie «Wachstum durch Innovation und Nachhaltigkeit». Finden Sie sich in der Fondsbranche da wieder?
David Gamper: Absolut, Nachhaltigkeit ist ein sehr grosses Thema: In einer Studie aus dem Jahr 2016 zu liechtensteinischen Fonds wurde festgestellt, dass diese bereits damals ein sehr starkes Nachhaltigkeits-Rating gehabt hätten, obwohl es noch gar keine Nachhaltigkeits-Labels gab. Nachhaltigkeit ist in den Genen unserer Asset Manager drinnen.
Börse Express: Gibt es Zahlen zur Anzahl und dem Volumen von Nachhaltigen Fonds?
David Gamper: Derzeit sind etwa 10 Prozent der Fonds nachhaltig, aber 24 Prozent des Volumens. Beim Stichwort Nachhaltigkeit fühlen wir uns wohl. Und bei der Innovation muss man dabei sein. Wir haben zum Beispiel den ersten Fonds auf Token-Basis in Liechtenstein aufgelegt. Wir können uns also gut mit dieser Roadmap identifizieren.
Börse Express: ESG, Nachhaltigkeit ist zwar in aller Munde und jeder ist grün. Greenwashing gibt es bekannterweise aber auch. Wie ist Ihre Branche aus Ihrer Sicht hier aufgestellt und wie stellen Sie möglichst sicher, dass man einem Liechtensteiner Fonds glauben darf, wenn Nachhaltig drauf steht?
David Gamper: Greenwashing ist ein Riesenthema. Wir sind dabei aber nicht die Fondsmanager, sondern die Fonds-Administratoren und schauen, dass die Regularien eingehalten werden. Und klassifizieren die Fonds dann entsprechend. Und: jede Fondsbranche in jedem Land hat ihre Wohlverhaltensregeln. Liechtenstein ist aber das einzige Land im EWR, wo diese von der FMA abgesegnet wurden und verbindend sind. Bei Verstössen gibt es Sanktionen. Das ist ein zusätzlicher Anlegerschutz. Da sind wir nochmals einen Schritt strenger zum Schutz der Kunden
Börse Express: Gibt es von Seiten der immer noch knapp 10’000 Privatstiftungen in Liechtenstein vermehrt Interesse an Fondskonstruktionen? Ich stelle es mir schwer vor, den Deckungsstock bei gewollten Ausschüttungen aber Null-Zinsen aufrecht zu erhalten.
David Gamper: Stiftungen selbst investieren seit vielen Jahren in Fonds. Was zuletzt dazu kam, ist, dass Stiftungen oder Family Offices vermehrt Fonds auflegen, die mit Teilen des Deckungsstocks gefüllt werden. Die Gründe dafür können steuerlich oder rechtlich sein.
Börse Express: Zusammengefasst, wie präsentieren sich die Chancen und Vorteile des Fondsplatzes Liechtenstein? Und wer könnte/sollte sich dafür interessieren, statt in Österreich seinen Fonds aufzulegen?
David Gamper: Interessant sind wir für individuelle Lösungen, für Assets die eher ein Nischenprodukt sind. Dann ist Liechtenstein für einen österreichischen Asset Manager interessant. Oder für jene, die auch Cross-Border anbieten möchten: bei uns ist auch der kleine Asset Manager gern gesehen, während man in Luxemburg bei vielen Anbietern schon an die 50 Millionen Euro an Assets zum Start braucht.
Börse Express: Sind die neuaufgelegten Fonds vor allem passiv oder aktiv gemanagt?
David Gamper: Mehr als 90 Prozent der Fonds bieten aktives Management. Das liegt auch daran, dass es sich bei den Neuauflagen zu etwa 80 Prozent um Alternative Investment Funds handelt, und diese sind zumeist aktiv gemanagt.
Börse Express: Braucht die Welt eigentlich noch so viele neue Fonds, gibt’s nicht schon genug?
David Gamper: Bei UCITS-Fonds werden es eher weniger, dort findet eine Konzentration statt. Der AIF-Bereich ist jedoch noch neu. Dort ging es erst 2013 los und wir sind erst am Anfang der Entwicklung. Es gibt noch viele Strategien, die als AIF umgesetzt werden können.
Börse Express: Zuletzt hiess es immer wieder, dass Gelder verstärkt nach Liechtenstein fliessen. Wenn Sie mit Anlegern sprechen, was ist dort die Begründung?
David Gamper: Oft ist es die Angst vor Inflation. Liechtenstein ist ein politisches stabiles Land ohne die geringste Staatsverschuldung. Das finden viele sehr attraktiv.