Stiftungsstandort | Expertengespräche
«Die Rechtssicherheit steht über allem»
Herr Dr. Ergenzinger, welche Themen beschäftigen Ihre Klienten?
Das sind Steuerfragen, vor allem bezüglich der Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerplanung. Das eigene Vermögen soll zum Beispiel auf eine Stiftung übertragen werden, damit es zu diesem Zeitpunkt der Besteuerung unterliegt und künftige Erbfälle nicht mehr besteuert werden. Genauso häufig kontaktieren mich jedoch auch Personen, die ihr Vermögen langfristig zusammenhalten wollen und eine Zersplitterung in künftigen Generationen verhindern möchten. Die hegen unter Umständen auch ein gewisses Misstrauen gegenüber den nachfolgenden Generationen im Umgang mit Geld. Durch die Stiftung sollen die Nachkommen dauerhaft finanziell versorgt werden.
Welche Rolle nehmen Sie im Beratungsprozess ein?
Wir werden gelegentlich als Fachexperten hinzugezogen, um einzelne Fragen zu lösen. Häufiger jedoch begleiten wir den Gesamtprozess. Sie müssen bedenken: Die Stiftungserrichtung ist eine Form der Selbstenteignung. Das Vermögen gehört einem nicht mehr selbst, sondern der Stiftung. Dieser Schritt muss sehr gut überlegt sein. Am wichtigsten ist deshalb die Frage nach dem Ziel des Stifters und ob sich eine Stiftung dafür eignet. Im Anschluss schauen wir, wie sich das Vorhaben umsetzen lässt und wie die interne Governance zu gestalten ist. Zum Beispiel, welche Einflussrechte den Destinatären gewährt werden. Misstraut der Stifter den nachfolgenden Generationen, sollte er eine Organbesetzung mit Familienmitgliedern vermeiden. Ist dagegen eine Bündelung des Familienvermögens beabsichtigt, beispielsweise damit ein Familienunternehmen nicht in Anteilskategorien zersplittert, sollte der Einfluss der Familie gewahrt bleiben.
Bleiben wir bei der Governance und dem Einfluss der Familie. Was ist im Errichtungsprozess zu beachten?
Die Machtfrage steht bei der Errichtung einer Familienstiftung im Zentrum. Wer soll das Vermögen verwalten? Soll das die Familie oder ein professioneller Dienstleister übernehmen? Und ganz wichtig: Wer ist Begünstigter? Nur ein Beispiel dazu: Die Begünstigten sollen Abkömmlinge des Stifters sein. Diese vermeintlich einfache Vorgabe kann schnell zu Problemen führen. Der Stifter hat vielleicht zwei bis vier Kinder, hier ist der Fall noch klar. Doch was passiert, wenn die Kinder des Stifters ihrerseits Kinder adoptieren, und wie wirkt sich eine Leihmutterschaft, die in Deutschland nicht zulässig ist, auf die Destinatärstruktur aus?
Regelungen, die der Stifter jetzt trifft, beziehen sich in seinem Todesfall meist auf ihm persönlich bekannte Personen. Allerdings haben diese Regelungen theoretisch bis in alle Ewigkeit Bestand. Deshalb gilt: Zum Zeitpunkt der Stiftungserrichtung muss eine Governance mit Fokus auf Konfliktvermeidung etabliert werden. Dazu gehört die Entscheidung, ob die Macht konzentriert oder verteilt wird. Das gilt auch für Regelungen zu Kontrollorganen sowie Checks und Balancen zwischen den Organen.
Gibt es Stiftungsstandorte, die sich für verschiedene Einflussmodelle besonders eignen?
In Deutschland lässt sich der Einfluss für Stifter stark ausprägen. Dort kann der Stifter der alleinige Stiftungsvorstand sein und sogar auf Kontrollgremien verzichten. Allerdings unterliegt er auch in diesem Fall den Restriktionen der Stiftungssatzung. Er muss zudem das Stiftungsvermögen so behandeln, als gehörte es einem Dritten. In Österreich dürfen dagegen grundsätzlich keine Begünstigten in den Vorstand einer Privatstiftung – das gilt auch für begünstigte Stifter. Ein Modell mit begünstigten Familienmitgliedern, die Einfluss auf das Tagesgeschäft ausüben, ist mit der österreichischen Privatstiftung nicht möglich. In Liechtenstein ist zivilrechtlich dagegen vieles möglich. Grundsätzlich kann ich dort den Einfluss auf die Stiftung ähnlich dem deutschen Recht ausgestalten. Eine solche Konstruktion kann sich jedoch für deutsche Stifter steuerlich nachteilig auswirken.
Können Sie das näher erläutern?
Bei einer ausländischen Stiftung kann es in Deutschland zur sogenannten Zurechnungsbesteuerung kommen. Dabei werden die Einkünfte der ausländischen Stiftung den Begünstigten zugerechnet, obwohl an sie kein Euro ausgeschüttet wurde. Das lässt sich in gewissen Grenzen verhindern, wenn der Einfluss der Begünstigten zurückgenommen ist. Deren Verfügungsmacht muss dafür rechtlich und tatsächlich auf fremde Dritte übergehen. In Österreich gibt es sogar eine besondere Regelung für liechtensteinische Stiftungen. Regiert die Familie in die Stiftung rein, wird sie für steuerliche Zwecke nicht anerkannt.
Für deutsche Stifter, die sich für Liechtenstein oder Österreich interessieren und Einfluss ausüben wollen, kann sich die Zurechnungsbesteuerung als hinderlich erweisen. Deutsche Stifter, die durchregieren wollen, sind deshalb mit der deutschen Stiftung besser aufgestellt. Für sie gibt es dort weder zivilrechtliche noch steuerrechtliche Einschränkungen. Aus deutscher Stifterperspektive gibt es in Österreich zivilrechtliche Einschränkungen, und steuerliche Einschränkungen treffen einen in Österreich und Liechtenstein.
Da Sie gerade die Steuern ansprechen: Werden überhaupt noch Stiftungen errichtet, um Steuern zu sparen?
In Einzelfällen schon, aber häufig ist noch eine Zusatzmotivation vorhanden. Es gibt gerade im deutschen Steuerrecht zahlreiche Konstellationen, bei denen sich eine Stiftung zum Steuern sparen eignet. In den meisten Fällen ist das aber nicht der ausschlaggebende Faktor, die Folgen einer Stiftungsgründung sind einfach zu gravierend, denn ich gebe damit das Vermögen auf.
Eine typische Diskussion, die wir führen: Ein Unternehmer möchte das Unternehmen übergeben. Die Familie und die Kinder leben in verschiedenen Ländern. Eine Stiftung wäre aus steuerlicher Sicht geeignet und viele Probleme würden gelöst. Er wird als Herzblut-Unternehmer trotzdem keine Stiftung errichten, da er die Selbstenteignung und die Einschränkung künftiger Generationen nicht will.
Es gibt aber auch Extremfälle. Die deutsche Erbschaftsteuer ist eine Stichtagsteuer. Stellen Sie sich vor, einem CEO und Hauptaktionär einer aufstrebenden Firma stößt etwas zu. Sein Schicksal ist prägend für das Unternehmen. Der Besteuerung wird der riesige Unternehmenswert am Todestag zugrunde gelegt. Am nächsten Tag halbiert sich jedoch der Wert, denn es gibt keinen, der das Unternehmen so gut führen kann. Die Nachkommen haben jetzt erbschaftsteuerlich ein riesiges Problem, denn die Steuer bezieht sich auf den ursprünglich hohen Unternehmenswert. In solchen Fällen, bei denen ein solches Risiko absehbar ist, kann es zu steuerlich motivierten Stiftungsgründungen kommen.
Auf welche steuerrechtlichen Besonderheiten der Länder sollten Stifter grundsätzlich achten?
In Liechtenstein kann es im laufenden Betrieb durch das kleinere Netz an Doppelbesteuerungsabkommen häufiger zur Doppelbesteuerung kommen. Dafür ist in Liechtenstein der laufende Steuersatz grundsätzlich sehr attraktiv – wobei auch die laufende Besteuerung in Deutschland und Österreich nicht unattraktiv ist. In Österreich gibt es wiederum die Stiftungseingangssteuer von mindestens 2,5 Prozent des gestifteten Vermögens.
Bei der deutschen Stiftung fällt dagegen alle 30 Jahre die Erbersatzsteuer an. Dabei stirbt die Stiftung hypothetisch und das Vermögen geht prototypisch auf zwei Kinder über. Diese gedachte Generationennachfolge ist im internationalen Kontext ein Nachteil. Bei deutschen Beteiligten oder deutschem Vermögen unterliegt die Übertragung des Vermögens zudem der Erbschaft- und Schenkungssteuer. Handelt es sich um eine ausländische Stiftungserrichtung, fällt zudem möglicherweise eine Wegzugsbesteuerung an.
Können Sie das Konzept Wegzugsbesteuerung erklären?
Dazu wieder ein Beispiel aus der Praxis: Ein in Deutschland Steuerpflichtiger ist mindestens mit einem Prozent an einer Kapitalgesellschaft beteiligt. Überträgt er diese Anteile auf eine ausländische Stiftung, verliert Deutschland das Recht zur Besteuerung eines späteren Veräußerungsgewinns. Deshalb fällt in Deutschland zum Zeitpunkt der Schenkung die Wegzugsbesteuerung an. Es wird ein Verkauf der Beteiligung fingiert und der (fiktive) Gewinn einem Steuersatz von 30 Prozent unterworfen. Für Deutsche, die eine ausländische Stiftung errichten wollen, ist das ein zusätzlicher Faktor. In einigen anderen Jurisdiktionen gibt es dieses Problem nicht. Wer also bereits vor der Stiftung in Österreich oder der Schweiz lebt, wird damit nicht konfrontiert.
Sind an den einzelnen Standorten steuerrechtliche Anpassungen in Aussicht?
In Österreich gibt es eine immerwährende Diskussion, ob die heute nicht vorhandene Erbschaft- und Schenkungssteuer wieder eingeführt wird. In Deutschland möchte das Bundesverfassungsgericht noch 2023 darüber entscheiden, ob die Erbschaftsteuer verfassungsgemäß ist. Kommt eine Erbschaftsteuerreform auf Druck des Bundesverfassungsgerichts, wird es für Unternehmensvermögen wahrscheinlich teurer. Vielerorts wird befürchtet, dass die Besteuerung steigen wird, Begünstigungen für Familienunternehmen eingeschränkt und Mindestbeträge eingeführt werden. Die CDU hat wiederum ein Flat Tax-Regime von 10 Prozent in der Erbschaftsteuer gefordert. Was sich im politischen Berlin durchsetzt, ist aber Kaffeesatzleserei für Fortgeschrittene.
Gibt es darüber hinaus zivilrechtliche Entwicklungen in den Ländern?
In Deutschland ist auf die Stiftungsrechtsreform und das geplante Stiftungsregister hinzuweisen. Durch das geplante Register wird das Kerndokument der Stiftung einsehbar. Hat ein Stifter in der Präambel der Stiftungssatzung seine Lebensgeschichte aufgeschrieben, wird sie theoretisch öffentlich einsehbar. In Liechtenstein ist dagegen die Stiftungssatzung nur zu hinterlegen, da kann kaum jemand Einsicht nehmen. Das bedeutet allerdings nicht, dass dort deshalb Geldwäsche oder Steuerhinterziehung betrieben werden kann. Das System ist dennoch transparent, weil unter anderem nachvollzogen werden kann, wer Begünstigter oder wirtschaftlich Berechtigter der Stiftung ist. Allerdings kann der Nachbar dort nicht einfach mitlesen.
Diese neue deutsche Transparenz ist schwierig, da viele bereits aufgesetzte Dokumente nicht darauf ausgerichtet sind. Hier lässt sich hinterfragen, ob das für die Rechtssicherheit und die Attraktivität des Standorts Deutschland wirklich förderlich war. Der Reformbedarf des deutschen Stiftungsrechts stand außer Frage, aber diese Regelung ist jedenfalls für Altfälle zu weitrechend.
Kann man auf solche Veränderungen mit internationaler Verlagerung reagieren oder allgemeiner gefragt: Wie mobil sind Stiftungen?
Aus deutscher Sicht ist die Stiftungsmobilität nicht vorhanden. Die deutsche Stiftung kann nicht ins Ausland verziehen und muss ihren Verwaltungssitz im Inland haben. Die Geschäfte müssen aus Deutschland geführt werden. Hat der Stifter Familienmitglieder oder Freunde im Stiftungsvorstand installiert, die plötzlich ihren Lebensmittelpunkt nach Österreich oder Frankreich verlagern wollen, funktioniert das nur sehr eingeschränkt. Die Lage in Österreich ist dagegen umstritten und unklar. Aus liechtensteinischer Perspektive ist die Mobilität dagegen zivilrechtlich klar geregelt: Die Stiftung kann überall hin verziehen. Die liechtensteinische Stiftung bleibt auch existent, wenn die Verwaltung aus Singapur erfolgt oder der Stiftungsrat in die Schweiz zieht.
Was bedeutet das für die Wahl eines Stiftungsstandortes?
Es sind zwei Seiten einer Medaille: Möchte der Stifter, dass das Vermögen immer in einer Jurisdiktion bleibt, sind die deutschen Voraussetzungen dafür gut. In Liechtenstein müsste dagegen der Stifter diesen Willen in der Satzung verankern und verfügen, dass die Stiftung immer ihre Geschäfte aus Liechtenstein führt. Ist der Stifter der internationalen Mobilität von Stiftungsorganen gegenüber aufgeschlossen, ist die Liechtensteiner Stiftung klar im Vorteil.
Bleiben wir bei der Standortwahl: Welche Rolle spielen allgemeine Standortfaktoren, wie die bereits erwähnte Rechtssicherheit?
Die Rechtssicherheit steht über allem. Stifter benötigen Vertrauen in den Fortbestand der aktuellen Rechtslage. Natürlich rechnet niemand damit, dass über Jahrzehnte gar keine Modifikationen vorgenommen werden. Aber eine grundsätzliche Rechtssicherheit und klare Institutionen im Streitfall sind elementar. Direkt dahinter folgt die politische und wirtschaftliche Stabilität. Wer mit seinem Vermögen in eine andere Jurisdiktion geht, möchte in ein politisch stabiles Umfeld. Das gilt auch für die finanzielle und wirtschaftliche Stabilität. Der Standort sollte so solide aufgestellt sein, dass er auf der Suche nach neuen Einnahmen nicht plötzlich eine neue Vermögens-, Erbersatz oder Stiftungssteuer einführt. Bereits die Diskussion um die Einführung der Erbschaft- und Schenkungssteuer in Österreich wirkt bei vielen wie Gift. Solche Szenarien verursachen ein generelles Misstrauen in die Stabilität eines Standortes. Liechtenstein hat hier einen riesigen Vorteil. Niemand erwartet, dass es dort zur Einführung einer Vermögens- oder Erbschaftsteuer kommt.
Welche Rolle spielt der Finanzplatz?
Das kommt einerseits darauf an, wie die Stiftung verwaltet werden soll. Nehmen wir prototypisch den deutschen Stifter, der alleiniger Stiftungsvorstand ist. Für den ist ein professioneller Dienstleister eher uninteressant, da er die Geschäfte wahrscheinlich über seine Hausbank abwickelt. Andererseits hängt es von der Größe der Stiftung ab, ob ein Stifter Dienstleister engagiert oder sogar eigenes Personal dafür einsetzt. Für Stiftungen, die keine eigenen Vermögensverwalter engagieren können, spielt der Finanzplatz eine große Rolle. Die benötigen jemanden, der die Vermögensverwaltung professionell betreut, sich mit den Anlagekriterien für Stiftungen auskennt und auch die Stiftungssatzung im Blick behält. Es gibt grundsätzlich in allen Jurisdiktionen Finanzdienstleister, die auch mit verschiedenen Standorten umgehen können. Daneben gibt es ganze Zentren mit gebündelter Kompetenz. Das kann in vielen Fällen von Vorteil sein.
Welche Zentren sind das?
Deutschland ist traditionell dezentral aufgestellt. Dort, wo der Mittelstand zu Hause ist, da ist auch immer Stiftungs- und Dienstleistungskompetenz. Ein limitierender Faktor aus deutscher Sicht: In Deutschland gibt es eine Vielzahl an Stiftungsstandorten. Die unabhängig voneinander agierenden Stiftungsaufsichtsbehörden führen hier zu einer Zersplitterung. Einige Stiftungsaufsichtsbehörden erkennen bereits eine Stadt als Standort an, wenn dort der Vorstand lebt. Andere möchten einen direkten Anknüpfungspunkt des Stifters und fordern damit mehr oder weniger, dass die Stiftung am Wohnort des Stifters errichtet wird. Das schränkt dann auch die Wahl der Dienstleister erheblich ein. In vielen Fällen besteht in Deutschland also keine freie Standortwahl, was zu gewissen Friktionen führt. In Liechtenstein konzentriert sich dagegen sehr viel Kompetenz auf einen sehr kleinen Bereich. Dort gibt es zudem die Besonderheit der sogenannten Person nach 180a-Gesetz.
Können Sie uns dieses Konzept näher erläutern?
Dem Stiftungsrat einer liechtensteinischen Stiftung muss immer auch ein liechtensteinischer Treuhänder angehören. Diese Person nach 180a-Gesetz soll die Einhaltung aller landesspezifischen Regularien sicherstellen. Das bedeutet einerseits eine Einschränkung bei der Organbesetzung. Andererseits ist dadurch in Liechtenstein immer ein professioneller Dienstleister beteiligt. Das ist aus Sicht vieler Mandanten ein Vorteil. Ihnen gefällt die Idee, dass ein Spezialist involviert ist, der sich beispielsweise mit den Sorgfaltspflichten auskennt. Andere Mandanten legen aber auch Wert darauf, dass nur die eigene Familie Einfluss ausüben darf.
Nochmal zu den Finanzplätzen zurück. Was zeichnet einen guten Finanzplatz aus?
Das sind grundsätzliche Dinge wie Rechtssicherheit, politische und finanzielle Stabilität sowie ein klarer Mechanismus im Bereich der Streitschlichtung. Ein Wirtschaftsprüfer, der kontrolliert und die Rechnungslegung macht, lässt sich eigentlich überall finden. Ansonsten ist es immer vorteilhaft, wenn es eine Industrie mit Bankern, Anwälten und Steuerberatern gibt, die sich mit dem Anlagehorizont von Stiftungen beschäftigen. Die können dann im Verbund passgenaue Konstruktionen für Stiftungen entwickeln: Ein Dienstleister kümmert sich um die professionelle Durchführung der Tagesgeschäfte. Der weiß außerdem, wie Vermögensverwaltung und Vermögensanlage funktionieren und entwirft eine diversifizierte Anlagestrategie. Dieser Dienstleister hat dann auch eine Bank als Partner an der Hand, die das für globale Investments kosteneffizient umsetzt. Das gilt vor allem auch für Stiftungen mit Anlagehorizont über mehrere Generationen. Denn viele Stiftungen sind natürlich dafür gedacht, den Zusammenhalt des Vermögens zu ermöglichen, damit jede Generation einen Teil bekommt. Dieses Verständnis muss aber erstmal existieren, das ist nicht an jedem Finanzplatz gegeben.
Stichwort Verwaltung des Stiftungsvermögens: Unterscheiden sich die Standorte, was die zulässigen Anlagestrategien für Stiftungen angeht?
Es gibt Unterschiede, allerdings sind die für unseren Mandantenkreis weniger relevant. Gesetzliche Einschränkungen jenseits der Stiftervorgaben bekommen wir in der Praxis in den Griff und Unterschiede nivelliert.
Aber von vorne: Ihrer Grundidee nach, die Verbrauchsstiftung einmal ignoriert, soll eine Stiftung Generationen überdauern. Dafür benötigt sie ein Kernstiftungsvermögen, damit sie zumindest genug Ertrag erwirtschaftet, um die jährlichen Kosten zu decken und den Zweck zu verwirklichen. Deshalb muss der Grundstock immer vorhanden und vermögenserhaltend angelegt sein. In Deutschland wird dieses Grundvermögen je nach Regierungspräsidium unterschiedlich angesetzt. In der Niedrigzinsphase wurden bereits bis zu 400.000 Euro gefordert, teilweise aber auch viel weniger. In Liechtenstein werden dagegen nur 30.000 Franken gefordert, die immer erhalten sein müssen.
Daneben kann der Stifter frei bestimmen, was mit seinem Vermögen passiert und welche Anlagestrategie gewählt wird. Regelt er nichts, fällt er natürlich auf den gesetzlichen Standard zurück. Wenn er aber die Rendite der Sicherheit vorzieht, fällt die Wahl eher auf Private-Equity-Unternehmensbeteiligungen als auf Staatsanleihen. Soll dagegen für künftige Generationen eine Liquiditätsreserve erhalten werden und das Vermögen unter keinen Umständen schrumpfen, muss konservativer agiert werden. Ein guter Berater bekommt diese Vorgaben über die Stiftungssatzung geregelt.
Ist das teilweise geforderte hohe Kernstiftungsvermögen ein Nachteil für den Standort Deutschland?
Das würde ich nicht als Nachteil sehen. Das typische Stiftungsvermögen beginnt bei mehreren Millionen Euro aufwärts. Selbst wenn der geforderte Grundstock hoch ausfällt, ist das kein relevanter Faktor. Eine kleine Stiftung mit 400.000 Euro Vermögen ist eher die Ausnahme. In diesen Fällen stellt sich auch seltener die Frage nach einer professionellen Vermögensverwaltung. Eine diversifizierte Anlagestrategie durch professionelle Vermögensverwalter kostet dafür einfach zu viel.
Das Interview führte Thilo Kampffmeyer.
Dr. Patriz Ergenzinger
ist Partner im Bereich Private Client Services und Familienunternehmen bei Ernst & Young am Standort Stuttgart. Zudem ist er Lehrbeauftragter an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, Mitglied des Vorstands der Steuerberaterkammer Stuttgart sowie Autor zahlreicher Fachveröffentlichungen. Der Diplom-Finanzwirt (FH), Rechtsanwalt und Steuerberater berät seine Mandanten insbesondere in Bezug auf die steueroptimierte Unternehmens- und Vermögensnachfolge und komplexe Umstrukturierungen (national wie international) sowie im Zusammenhang mit Wohnsitzverlagerungen. Außerdem betreut er bei Sonderfragen der laufenden Besteuerung, bei Abstimmungen mit den Finanzbehörden und bei Betriebsprüfungen. Darüber hinaus vertritt er seine Mandanten in steuerlichen Gerichtsverfahren.
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