Stiften in Liechtenstein

Während das österreichische Stiftungsrecht dringend eine Verjüngungskur notwendig hätte, ist man in Liechtenstein um einiges weiter – und damit über die Grenzen hinaus als Stiftungsstandort attraktiv.

Seit 30 Jahren gibt es in Österreich Privatstiftungen. Nach einer gloriosen Anfangsphase überwiegt allerdings seit einiger Zeit die Katerstimmung. Von den über 4’000 im Lauf der Jahrzehnte gegründeten Privatstiftungen sind mittlerweile über 1’000 wieder aufgelöst worden. Die Steuererleichterungen, die zu Beginn viele davon überzeugten, ihr Vermögen und ihr Unternehmen in eine österreichische Stiftung zu legen, sind längst gestrichen. Zudem ist eine überfällige Gesetzesnovelle, die kleine, aber entscheidende Veränderungen bringen sollte, um Stiftungen zukunftsfitter zu machen, weiterhin nicht absehbar.

Und so kommt es, dass «wir derzeit kaum die Gründung neuer österreichischer Stiftungen begleiten und eher mit dem Liquidieren von Stiftungen hierzulande beschäftigt sind oder im Hinblick auf Zustiftungen beraten, beispielsweise nach Liechtenstein», wie Stiftungsexpertin Elisabeth Stichmann, Rechtsanwältin bei DLA Piper, berichtet. Dabei wäre es ratsam, meint Stichmann, etwas für die Standortattraktivität Österreichs im Unternehmensbereich zu tun, denn ist das Vermögen einmal abgewandert, ist es ungemein schwierig, es wieder zurück ins Land zu holen.

Lange Tradition in Liechtenstein

Ganz anders die Lage im Nachbarland. Neiddebatten sind den Liechtensteinern fremd, schliesslich lebt das Land sehr gut von seiner Industrie und seinem Finanzsektor – weshalb die aktuell den liechtensteinischen Stiftungen geboten inländischen Steuervorteile (dazu später mehr) noch länger weiterbestehen sollten. Liechtensteinische Stiftungen gibt es bereits seit 1926, sie waren ein wichtiges Vorbild für das 1993 in Kraft getretene österreichische Privatstiftungsgesetz (PSG). «Im Länderranking hat Liechtenstein eine Triple-A-Bewertung», schildert Thomas Zwiefelhofer, Präsident der Vereinigung liechtensteinischer gemeinnütziger Stiftungen und Trusts. Politisch sei das Land überaus stabil – diese Stabilität habe für ausländische Kunden eine wichtige Signalwirkung. Zudem hat Liechtenstein seinen Stiftungen längst einen neuen, modernen Anstrich verpasst: «Das liechtensteinische Stiftungsrecht wurde 2008 fast komplett revidiert und dabei sehr modern ausgestaltet», schildert Zwiefelhofer. Bei der Novelle fungierte übrigens wiederum ein Österreichischer als Hauptberater, der Wiener Universitätsprofessor Martin Schauer.

Kontrolle einfacher

In Österreich bemängeln Begünstigte von Stiftungen – meist handelt es sich um die Nachfahren des Stifters – häufig, dass sie nach dem Tod des Stifters keine relevanten Kontroll- und Mitspracherechte an der Stiftung haben, sofern in der Stiftungserklärung nicht extra dafür vorgesorgt wurde. Diesbezüglich wird schon seit Längerem eine gesetzliche Änderung gefordert. In Liechtenstein ist dieses Problem weitgehend gelöst. «Es gibt grundsätzlich keine kontrollfreien Stiftungen. Ist der Stifter verstorben, haben Begünstigte Informations- und Kontrollrechte», erklärt Zwiefelhofer. Diese Rechte könne der Stifter vorab auch einschränken; dann müsse man aber ein unabhängiges Kontrollorgan einrichten, meist in Form eines Wirtschaftsprüfers oder externen Anwalts, der vom Stifter einzusetzen ist. «Ist der Stifter aber verstorben, darf nicht nachträglich noch ein Kontrollorgan eingefügt werden. Dann können die Begünstigten Kontroll- und Informationsrechte ausüben, soweit sie ihre Interessen und Rechte betreffen, sowie grundsätzliche Informationen wie Bilanz oder Erfolgsrechnung erhalten. »

In einer österreichischen Stiftung mussdagegen vorab in der Stiftungserklärung für gute Kontroll- und Mitsprachemöglichkeiten gesorgt werden: «Freilich kann man hier sehr viel regeln, und das sollte man auch. In den Anfangsjähren der österreichischen Stiftung wurde darauf allerdings oft verzichtet, denn da hatte der Familienpatriarch als Stifter häufig einfach seine besten Freunde mit der Erwartungshaltung in den Vorstand gesetzt, die Geschäfte nach seinen Vorstellungen umzusetzen», erklärt Stichmann. Die Probleme der Nachfolgegeneration waren damals oft nicht bewusst.

Wurde bei der Errichtung der Stiftung seinerzeit ein ausreichend umfassendes Änderungsrecht für die Stiftung vereinbart, und der Stifter lebt noch, kann man auch heute noch vieles «reparieren». «Ist der Stifter aber bereits verstorben, ist es dafür meist zu spät», so Stichmann. Dann droht die viel zitierte «Versteinerung» – damit gemeint ist die rechtliche Unmöglichkeit, die Stiftungserklärung nach dem Tod des Stifters zu adaptieren. Auch dieses Problem ist in Liechtenstein keines: «Wenn der Stifter ihm die Kompetenz gegeben hat, kann der Stiftungsrat auch nach dessen Tod unwesentliche Änderungen vornehmen, aber nicht betreffend den Zweck der Stiftung oder die Begünstigungsregeln», so Zwiefelhofer. Begünstigte, die mit dem Stiftungsrat nicht zufrieden sind, können bei Gericht gegen diesen eine Klage einbringen. Sollte ihm gewichtiges Fehlverhalten nachgewiesen werden, kann der Stiftungsrat ausgetauscht werden. Zwar ist es auch in Österreich möglich, bei nachweisbarem gewichtigem Fehlverhalten einen Stiftungsvorstand auf Haftung oder auf vorzeitige Abberufung zu klagen, wie bereits mehrere GH-Entscheidungen zeigen, es ist aber üblicherweise ein längerer Weg als in Liechtenstein, bestätigt Stichmann.

Keine Geheimnisse mehr

Zudem sind die Zeiten, in denen Liechtenstein als verschwiegenes Steuerparadies galt, vorbei. «Unser Steuerrecht ist modern, europäisch kompatibel und OECD-konform», so Zwiefelhofer. Privatnützige Stiftungen werden in Liechtenstein zwar nicht im Körperschaftsregister eingetragen, aber hinterlegt. Da Liechtenstein auch die fünfte Geldwäscherichtlinie der EU umgesetzt hat, wird zwar ein Verzeichnis der wirtschaftlich berechtigten Person geführt, in dieses dürfen aber nur Behörden und Personen mit nachgewiesenem berechtigtem Interesse Einsicht nehmen.

In Österreich wurde nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs die Möglichkeit einer öffentlichen Einsichtnahme in das Register der wirtschaftlichen Eigentümer (WiEReG) zum Schutz der Privatsphäre zwar wieder abgeschafft, zahlreiche Stellen können bzw. müssen aber weiterhin Einsicht nehmen, «etwa Rechtsanwälte, Steuerberater, Banken, Versicherungen, Immobilientreuhänder», so Stichmann.

Im Bereich des internationalen automatischen Austauschs von Bankinformationen für Steuerzwecke haben beide Länder den «Common Reporting Standard» umgesetzt. «Dadurch ist in beiden Ländern das Bankgeheimnis für Steuerzwecke durchbrochen», so Steuerexperte Dimitar Hristov, Rechtsanwalt bei DLA Piper.

Steuerthema

In Österreich wurden Steuervorteile von Stiftungen im Lauf der Jahre sukzessive abgeschafft. (Lediglich eine Besserstellung in Form einer Stundung bzw. vorläufigen Steuerbefreiung gibt es noch, wenn Anteile an österreichischen Gesellschaften verkauft werden.) Stiftungen werden ansonsten steuerlich gleichbehandelt wie Kapitalgesellschaften, es wird also Körperschaftssteuer in Höhe von 23 Prozent (Stand 2024) fällig. Eine grosse Ausnahme zu Lasten der Stiftungen gibt es aber hierzulande: Die Einlage von Vermögen in eine Stiftung wird in der Regel mit 2,5 Prozent Stiftungseinlagesteuer belastet.

In Liechtenstein ist die Steuerlage freundlicher. An Mindeststeuer fallen lediglich 1’800 Schweizer Franken jährlich an bzw. 12,5 Prozent des steuerlichen Reinertrags. «Es fallen auch keine Erb- und Schenkungssteuern an und keine auf Ausschüttungen aus der Stiftung», so Zwiefelhofer. Ausschüttungen an Begünstigte werden daher in Liechtenstein selbst nicht besteuert – der Rest ist Sache des jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommens und Steuerrechts im Ansässigkeitsstaat. «Österreichische Begünstigte einer liechtensteinischen Stiftung werden effektiv mit 27,5 Prozent belastet und damit gleich hoch wie bei einer Ausschüttung aus einer österreichischen Stiftung», erklärt Hristov.

GEWINN-Magazin, Februar 2024 – Stiften in Liechtenstein

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