Finance Talk: Das Liechtensteinische TVTG und MiCAR
Wie die Regulierung von Kryptowerten in Liechtenstein und der EU gehandhabt wird, beleuchteten liechtensteinische Experten.
Am ersten Finance Talk von Liechtenstein Finance in Zürich zeigten Dr. Clara Guerra, Leiterin der Stabsstelle für Finanzplatzinnovation und Digitalisierung sowie Dr. Thomas Nägele, Präsident der CCA Trustless Technologies Association auf, wie die Regulierung von Kryptowerten in Liechtenstein und der EU gehandhabt wird, und welche Möglichkeiten sich daraus für Schweizer Finanzdienstleister ergeben.
Liechtenstein Finance lud in Zusammenarbeit mit dem renommierten Finanzonlineportal finews.ch zum Finance Talk unter dem Titel «Liechtenstein: Das Schweizer Tor zur EU» ins Zunfthaus zur Meisen nach Zürich.
80 Gäste aus der Fintech- und Finanzbranche sowie zahlreiche Rechtsanwälte belegten, dass das Thema den Nerv der Zeit trifft. Liechtenstein, das als Pionier und erstes Land der Welt bereits 2020 ein Blockchain-Gesetz eingeführt hatte, verfügt inzwischen über mehrjährige Erfahrung in der Regulierung und Anwendung dieser neuen Technologie. Nun folgt mit der MiCAR (Markets in Crypto-Assets Regulation) auf EU-Ebene ein Regelwerk, das einen harmonisierten europäischen Regulierungsrahmen für Kryptowerte schafft, der Innovationen fördert und die Nutzung des Potenzials von Kryptowerten unter Wahrung der Finanzstabilität und des Anlegerschutzes ermöglicht.
Staatliche Innovationsförderung
Dr. Guerra zeigte auf, wie in Liechtenstein staatliche Rahmenbedingungen Innovationen aktiv und pragmatisch fördern. Sie erklärte das Innovationsframework Liechtenstein, das mit dem Regulierungslabor der Finanzmarktaufsicht Liechtenstein (FMA) und der Stabsstelle für Finanzplatzinnovation und Digitalisierung Unternehmen vor und während des Innovationsprozesses Fachexperten zur Seite stellt oder mit der eigens geschaffenen Rechtsform der Liechtenstein Venture Cooperative (LVC) ein Gefäss bietet, das die Zusammenarbeit verschiedener Parteien bei der Innovationsentwicklung ermöglicht.
EU-Passporting für Liechtenstein
Im Anschluss erläuterte Thomas Nägele, wie mit der europäischen Regulierung MiCAR die grenzüberschreitende Erbringung von Kryptowerte-Dienstleistungen im gesamten Europäischen Wirtschaftsraum möglich wird. Mit diesem sogenannten EU-Passporting können mit lediglich einer Lizenz 450 Millionen Konsumenten und 23 Millionen Unternehmen erreicht werden. Dank des seit 2020 bestehenden TVTGs, sozusagen dem Pendant zu MiCAR, profitieren liechtensteinische Anbieter von einem vereinfachten Verfahren, wenn es um die Zulassung im Europäischen Wirtschaftsraum geht. Schweizer Dienstleister wiederum können die Jurisdiktionen Schweiz und Liechtenstein kombinieren, um Zugang zum europäischen Markt zu erhalten. Als vorteilhaft erweisen sich dabei zudem die in Liechtenstein ebenfalls angewendete Schweizer Mehrwertsteuer und der Schweizer Franken, der auch in Liechtenstein gesetzliche Währung ist.
Kein direkter EU-Zugang für die Schweiz
In der darauffolgenden Diskussion vertieften die beiden Referenten sowie Dr. Andreas Glarner, Partner bei MME Legal Zürich und seinerseits ein ausgewiesener Fintech- und Blockchain-Experte, unter der Moderation von Claude Baumann, Gründer und CEO von finews.ch, konkrete Fragestellungen, die sich bei der Anwendung und Nutzung von MiCAR ergeben und standen dem interessierten Fachpublikum Rede und Antwort, das die Gelegenheit nutze, aus erster Hand praxisorientierte Hinweise zu erhalten.
Andreas Glarner betonte dabei die Wichtigkeit für Schweizer Dienstleister, eine eigene MiCAR-Strategie zu entwickeln, verfüge die Schweiz doch über keinen automatischen Marktzugang zur EU. Solle der EU-Raum aber bearbeitet werden, kämen eine Niederlassung in einem EU-Land oder aber Liechtenstein in Frage. Liechtenstein biete nicht zuletzt den grossen Vorteil, einen in der Anwendung bereits erfahrenen Regulator vorweisen zu können. MiCAR tritt nun per Ende 2024 in der EU vollumfänglich in Kraft – vier Jahre nach Einführung des TVTG in Liechtenstein. Die entsprechenden Erfahrungswerte müssten bei anderen EU-Aufsichtsbehörden daher zuerst noch aufgebaut werden, führte Thomas Nägele an.
«Liechtenstein Finance und finews.ch haben mit dieser Fachveranstaltung Antworten auf Fragen liefern können, die Anbieter von Finanzdienstleistungen bewegen. Neue Technologien, seien es die künstliche Intelligenz oder in diesem Fall Blockchain, sind disruptive Innovationen, welche die Finanzindustrie effizienter, sicherer und kundenfreundlicher gestalten können. Es freut mich, dass wir einerseits mit unserem Erfahrungsvorsprung in Liechtenstein Wissen aus der Praxis vermitteln und andererseits aufzeigen konnten, wie proaktiv Liechtenstein als Kleinstaat Innovationen fördert», zeigte sich S.D. Prinz Michael von und zu Liechtenstein, Vorstand Liechtenstein Finance, erfreut über die positive Resonanz der Gäste.
Bild oben (v.l.n.r): Andreas Glarner (MME Legal), Thomas Nägele (CCA Trustless Technologies Association), Clara Guerra (SFID), S.D. Prinz Michael von und zu Liechtenstein (Liechtenstein Finance) und Claude Baumann (finews.ch)