
Generationenverantwortung verstehen
Ein Blick auf die Rolle Liechtensteins in der nachhaltigen Vermögensstrukturierung.
Die strukturierte Übergabe von Vermögen über Generationen hinweg zählt zu den anspruchsvollsten Aufgaben der Vermögensplanung. Sie erfordert nicht nur juristische und steuerliche Expertise, sondern auch ein Gespür für familiäre Dynamiken sowie ein Verständnis dafür, wie Verantwortung innerhalb von Familien übergeben und gelebt wird. In diesem Spannungsfeld leisten erfahrene Akteure in Liechtenstein einen Beitrag, der über die rein technische Strukturierung hinausgeht.
Vermögen verpflichtet – insbesondere im Generationenwechsel
Nachfolgeprozesse lassen sich nicht allein durch rechtliche Konstruktionen steuern. Zwar sind rechtssichere Übergabemodelle, steuerliche Überlegungen und Kontrollmechanismen zentral, doch sie greifen zu kurz, wenn sie die menschliche Dimension ausblenden. Die Übergabe von Vermögen wirft Fragen auf, die weit über Eigentumstitel hinausgehen: Welche Rolle soll die nächste Generation einnehmen? Welche Werte sollen erhalten, welche weiterentwickelt werden? Und wie kann ein Übergabeprozess gestaltet werden, der nicht zu Konflikten, sondern zu Verständigung führt?
Nicht selten scheitern Nachfolgeprozesse weniger an der Struktur selbst als an unklaren Erwartungen oder mangelnder Kommunikation zwischen den Beteiligten.
Professionelle Begleitung: Die Perspektive aus Liechtenstein
Die Treuhandtätigkeit hat in Liechtenstein eine lange Tradition und ist als reglementierter Beruf rechtlich klar gefasst. Treuhänderinnen und Treuhänder bringen neben fundierter Fachkenntnis in Bereichen wie Stiftungs-, Trust-, Steuer- und Gesellschaftsrecht auch Erfahrung im Umgang mit komplexen familiären Konstellationen mit.
Ihre Rolle reicht dabei über die Strukturierung hinaus: In der Praxis übernehmen sie häufig moderierende Funktionen, unterstützen bei der Klärung von Verantwortlichkeiten oder begleiten Familien bei der Etablierung von Governance-Mechanismen, die auf ihre spezifischen Bedürfnisse zugeschnitten sind. Dabei stehen weniger kurzfristige Aspekte im Vordergrund, sondern vielmehr die langfristige Tragfähigkeit und Akzeptanz der gewählten Lösung zum Vermögenschutz – auch aus Sicht der nächsten Generationen.
Rechtlicher Rahmen und Standortvoraussetzungen
Liechtenstein bietet als Finanzplatz spezifische Rahmenbedingungen, die eine individuelle Vermögensgestaltung ermöglichen. Das seit 2009 modernisierte Stiftungsrecht erlaubt etwa eine flexible Verbindung zwischen dem Willen der Stifterperson und den Mitwirkungsrechten der Begünstigten. Auch das Trustrecht, das in Liechtenstein seit Jahrzehnten Anwendung findet, bietet klare Möglichkeiten zur Trennung von Eigentum und Nutzung – ein zentraler Aspekt für die nachhaltige Planung über Generationen hinweg.
Hinzu kommt ein gewachsenes Netzwerk von spezialisierten Dienstleistern – von Family Offices über Rechts- und Steuerberatungen bis hin zu Compliance-Experten –, das es ermöglicht, interdisziplinäre Lösungen zu entwickeln und umzusetzen.
Neue Erwartungen der nächsten Generation
Nachfolgerinnen und Nachfolger von heute bringen oft andere Vorstellungen mit als die Generation vor ihnen. Themen wie Sinnstiftung, gesellschaftliche Wirkung oder Nachhaltigkeit spielen häufig eine grössere Rolle. Vermögen wird aber weiterhin nicht ausschliesslich als Besitz verstanden, sondern als Mittel zur aktiven Gestaltung und nutzbringenden Einsatz in der Zukunft. Dies stellt Anforderungen an die Nachfolgeplanung – und an die Kommunikation innerhalb der Familie.
Ein frühzeitiger Dialog zwischen den Generationen, Transparenz und gezielte Einbindung können wesentlich dazu beitragen, dass Verantwortung nicht als Bürde, sondern als Chance wahrgenommen wird. Treuhänder, die diese Prozesse begleiten, leisten damit einen wichtigen Beitrag zur langfristigen Stabilität von Familienvermögen.
Fazit
Die Gestaltung eines generationenübergreifenden Vermögensübergangs ist mehr als eine juristische Aufgabe. Sie setzt voraus, dass Strukturen, Erwartungen und Werte miteinander in Einklang gebracht werden. Liechtenstein bietet dafür ein bewährtes rechtliches Umfeld, internationale Anschlussfähigkeit sowie Akteure mit interdisziplinärer Erfahrung. In Kombination ermöglichen diese Faktoren tragfähige Lösungen, die sowohl den Anforderungen der Gegenwart als auch den Zielen der Zukunft gerecht werden.
Susan Schneider-Köder, Geschäftsführerin Liechtensteinische Treuhandkammer.