Die Stiftung als Unternehmerin – ein Widerspruch?

Stiftung und unternehmerisches Handeln

Wer an Stiftungen denkt, verbindet damit nicht unbedingt klassisches Unternehmertum. Dies liegt wohl vor allem daran, dass direktes unternehmerisches Wirken durch eine Stiftung in allen kontinentaleuropäischen Ländern, so auch in Liechtenstein, gemeinnützigen oder anderen speziellen Zwecken vorbehalten ist. Lediglich die mittelbare Unternehmensträgerstiftung, die auch Holdingstiftung genannt wird, darf unbestritten auch für privatnützige Zwecke eingesetzt werden. Sie bündelt die Eigentümerinteressen und kann im Sinne der Eigentümerrechte sehr wohl unternehmerisch handeln, darf aber eben nicht selbst unternehmerisch tätig sein. Anders ist der Sachverhalt im Bereich des sozialen Unternehmertums. Da es sich bei «Social Entrepreneurship» um gemeinnütziges Unternehmertum handelt, können Stiftungen in diesem Bereich direkt unternehmerisch tätig werden und bilden damit das ideale Gefäss für soziales Unternehmertum.

Vorteil Liechtenstein

Liechtenstein bietet mit seiner liberalen Stiftungsrechtspraxis sowohl für Unternehmerfamilien mit der privatnützigen, eben nur mittelbaren Unternehmensstiftung, als auch mit der gemeinnützigen Unternehmensstiftung für sozial engagierte Stifter ideale Voraussetzungen. Gemischte Stiftungen verbinden beide Ansätze flexibel, und mit dem «Business Trust», den Liechtenstein von Massachusetts inspiriert bereits 1929 eingeführt hat, bietet sich ausserdem eine interessante Alternative zur Stiftung, welche orientiert am anglo-amerikanischen Trust die direkte unternehmerische Aktivität eines Zweckvermögens erlaubt. Kein anderer Standort in Europa bietet wohl diese Vielfalt an gesellschaftsrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten wie Liechtenstein.

Verantwortungseigentum als Möglichkeit der Verwirklichung

Als Möglichkeit zur Verwirklichung der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen wird aktuell das Thema des Verantwortungseigentums öffentlichkeitswirksam diskutiert. Dabei sind Gesellschaftskapital und Unternehmensgewinne dauerhaft gebunden und werden nicht an die Gesellschafter ausgeschüttet, sondern kommen allein dem Erhalt und der Vermehrung des eigenen Vermögens zugute. In Liechtensteins Nachbarländern wird erörtert, ob es hierzu einer besonderen Rechtsform bedarf, zum Beispiel einer «GmbH in Verantwortungseigentum». Die liberale Rechtsordnung in Liechtenstein erlaubt bereits heute auch ohne Schaffung einer neuen Rechtsform die rechtliche Umsetzung des Verantwortungseigentums. Mit der liechtensteinischen gemeinnützigen Stiftung, der Anstalt und den verschiedenen Variationen des Trusts sind die Rechtsgrundlagen zu diesem alternativen Ansatz der Unternehmensnachfolge in Liechtenstein breit vorhanden und verfügen über rund 100 Jahre Tradition. Mit den erwähnten Instrumenten kann beispielsweise aus einem Unternehmen bestehendes Vermögen an jene Personen gebunden werden, die für die Entwicklung des Unternehmens am besten geeignet sind, unabhängig von deren familiärer Herkunft oder Kaufkraft. Die Kosten und der bürokratische Aufwand sind auch für kleine KMU und Start-ups tragbar. Im Rahmen einer gemeinnützigen Stiftung sind allerdings die Grenzen der Selbstzweckstiftungen und das hiermit verbundene Gebot von Ausschüttungen zu berücksichtigen. Die Stiftungsaufsicht in Liechtenstein hat sich dieser Thematik in den letzten Jahren verstärkt angenommen und drängt gemeinnützige Stiftungen nun explizit, jährlich Ausschüttungen zumindest in der Höhe der Verwaltungskosten vorzunehmen. Damit ist eine in Deutschland wohlbekannte Debatte auch in Liechtenstein angekommen. Dennoch kann das Rechtsumfeld in Liechtenstein immer noch als vergleichsweise liberal bezeichnet werden. Der Lehrstuhl für Gesellschafts-, Stiftungs- und Trustrecht der Universität Liechtenstein hat sich kürzlich im Rahmen eines Forschungsprojektes dem Thema angenommen, um dies im Kontext der liechtensteinischen Stiftung wissenschaftlich zu untersuchen.

Innovativer Stiftungs- und Philanthropiestandort Liechtenstein

Ein geeigneter Rechtsrahmen ist gerade für sozial orientierte Stifter sehr wichtig, damit die vorhandenen Ressourcen nicht in die Verwaltung, sondern in die Umsetzung einer gemeinnützigen Idee gesteckt werden können. Denn vermögend zu sein, bedeutet nicht vordergründig, wie umfangreich die zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel sind, sondern vielmehr wie viel man damit zu «vermögen vermag». Auch mit Vermögenswidmungen kleineren oder mittleren Ausmasses lässt sich viel bewegen, und mit der «Protected Cell Company» (PCC) als Sonderform der Ausgestaltung einer juristischen Person bietet Liechtenstein seit 2016 auch eine einzigartige und besonders rechtssichere Lösung für den Ansatz von eigenständigen, kleineren gemeinnützigen Teilvermögen, welchen man bereits von den sog. Dachstiftungen kennt. Für eine wirkungsvolle Kommunikation über das vielseitige Stiftungswirken in und aus Liechtenstein sowie die verschiedenen philanthropischen Möglichkeiten setzt sich die Vereinigung liechtensteinischer gemeinnütziger Stiftungen und Trusts (VLGST) als anerkannte Interessensvertretung der gemeinnützigen Förderstiftungen und Trusts ein. Die Vereinigung ist Mitglied von Liechtenstein Finance und verfolgt das Ziel, Liechtenstein als Standort für gemeinnützige Stiftungen und Trusts zu optimieren und deren Tätigkeit zu unterstützen.

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