Der Finanzplatz Liechtenstein – Stabilität ist das Hauptargument 

Ein Beitrag von Tibor Pasztory, Redakteur vom Börsen-Kurier.

Der Finanzplatz Liechtenstein lud zu einer Podiumsdiskussion mit Martin Gächter, Leiter Finanzstabilität der Finanzmarktaufsicht Liechtenstein, um über die Besonderheiten dieses Finanzplatzes in besonderen Zeiten zu diskutieren. Moderiert wurde die Veranstaltung durch den ehemaligen Vizepräsidenten der Österreichischen Nationalbank Max Kothbauer.

Lange Jahre stand Liechtenstein im Ruf einer Steueroase. Diese Zeiten sind allerdings längst vorbei. Vielmehr will sich das Fürstentum heute als ein sowohl mit der Schweiz als auch mit der Europäischen Union stark vernetzter Ort der Stabilität positionieren.

Hier muss man ein wenig in die Geschichte ausholen. Nach dem Zusammenbruch Österreich-Ungarns und der folgenden Wirtschaftskrise samt Hyperinflation sah der kleine Nachbarstaat Handlungsbedarf und ging 1923 eine Zollunion mit der Schweiz ein. Im darauffolgenden Jahr wurde auch der Schweizer Franken als Währung übernommen. Jahrzehnte später reagierte man auf den europäischen Einigungsprozess und trat 1995 dem EWR bei. Mit diesem Schritt wurden auch sämtliche EU-Regulierungen übernommen und somit ein voller Zugang zum EU-Binnenmarkt gewährleistet.

Liechtenstein weist keine Staatsschulden auf. Das BIP des viert-kleinsten Staates Europas beträgt zwar nur 6,6 Mrd. CHF, dividiert durch die geringe Einwohnerzahl von rund 40.000 ergibt dies umgerechnet allerdings satte 165.000 EUR pro Kopf. Als unterwartet gross erweist sich dabei der Industrieanteil mit 42%. Nur 11% betreffen Finanzdienstleistungen. Dafür sind die F&E-Ausgaben mit 5,6% des BIP die prozentuell höchsten weltweit. Pro Kopf gerechnet verfügt Liechtenstein über vierzigmal so viele Patentanmeldungen pro Jahr wie Österreich. Da die Binnennachfrage in dem kleinen Land naturgemäss gering ist, überwiegen die Exporte.

Trotz der hohen Industriequote ging Gächter näher auf den Bankensektor ein. Es gibt 32 Versicherungen und elf Banken mit einer Bilanzsumme von insgesamt 107 Mrd. CHF, davon drei Grossbanken. In puncto Kapitalisierung und Kernkapitalquoten befinden sich die Banken im Spitzenfeld. Alle Finanzinstitute unterliegen aufgrund der EWR-Mitgliedschaft dem Europäischen System der Finanzaufsicht. Somit ist das Fürstentum voll in das Europäische Finanzaufsichtssystem eingebunden. Die Einhaltung internationaler Standards wurde zuletzt durch zahlreiche Peer Reviews bestätigt. Bei der Einhaltung internationaler Standards steht die Liechtensteiner FMA den Finanzmarktteilnehmern unterstützend zur Seite, so Gächter: «Wenn ein Anbieter ein Finanzprodukt auf den Markt bringen will, profitiert er in Liechtenstein von den kurzen Wegen und erhält einen schnellen Termin beim Regulator, um die entsprechenden Voraussetzungen abklären zu können.»

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