Künstliche Intelligenz und deren Einsatz in der Treuhandbranche
In der EU tritt 2024 die KI-Verordnung in Kraft. Künstliche Intelligenz findet auch in der Treuhandbranche immer mehr Einsatzmöglichkeiten.
Künstliche Intelligenz (KI) ist auf dem Vormarsch. Sie bringt nicht nur positive Aspekte mit sich, sondern auch einige kritische. Kritisch, da der Einsatz von KI und dessen Folgen zum heutigen Zeitpunkt nicht – und vielleicht auch gar nie – vollumfänglich abschätzbar sind.
Das Zitat des Physikers Stephen Hawking scheint vor diesem Hintergrund ebenso passend wie beängstigend. «Success in creating AI could be the biggest event in the history of our civilisation. But it could also be the last – unless we learn how to avoid the risks.»
Fakt ist, es gibt viele Fragen und Unsicherheiten. Kann KI kontrollierbar bleiben? Wo darf sie auf keinen Fall eingesetzt werden? Wer haftet für KI-gesteuerte Vorgänge? Wie werden personenbezogene Daten geschützt? Welcher Rechtsrahmen ist notwendig? Aber die Innovation bietet auch grosse Chancen. Sich mit KI, deren Einsatz und Folgen auseinanderzusetzen, ist schon unter dem Gesichtspunkt des Erhalts der Wettbewerbsfähigkeit auf allen Ebenen – der politischen, unternehmerischen, sozialen und kulturellen – geboten. Denn Regulierung kann Innovation auch verhindern.
Was versteht man unter «Künstlicher Intelligenz»
Allein die Definition ist gar nicht so einfach, denn es gibt nicht die genaue Definition. Auch für die «menschliche Intelligenz» mangelt es an einer exakten Definition. Künstliche Intelligenz bezieht sich auf die Simulation menschlicher Intelligenz in Maschinen, die somit in der Lage sind, Aufgaben auszuführen, die normalerweise menschliche Intelligenz erfordern. Dabei werden Algorithmen und Techniken verwendet, um Daten zu analysieren, Muster zu erkennen, Schlussfolgerungen zu ziehen und Probleme zu lösen.
Aufstellen eines geeigneten Rechtsrahmens
Im Rahmen der Umsetzung der digitalen Strategie der EU soll KI einheitlich definiert und reguliert werden, um einerseits technologie- und innovationsfreundliche Bedingungen zu schaffen, aber andererseits auch sicherzustellen, dass KI-Systeme sicher, transparent, nachvollziehbar, nicht diskriminierend und umweltfreundlich sind. Hierbei soll zur Vermeidung schädlicher Ergebnisse und Entwicklungen sichergestellt werden, dass KI-Systeme von Menschen überwacht werden.
Diesen Rechtsrahmen wird die KI-Verordnung bilden, die von der Kommission im April 2021 vorgeschlagen und am 2. Februar 2024 von den Mitgliedstaaten der Europäischen Union einstimmig angenommen wurde. Das formelle Inkrafttreten der Verordnung ist somit bis Mitte 2024 wahrscheinlich. Die KI-Verordnung ist das weltweit erste umfassende Regelwerk für KI.
Geregelt sind nach Inkrafttreten der KI-Verordnung das Inverkehrbringen, die Inbetriebnahme und die Verwendung von KI-Systemen in der EU. Zudem beinhaltet die Verordnung ein Verbot von bestimmten KI-Praktiken, normiert hohe Anforderungen an Hochrisiko-KI-Systeme, enthält Transparenzvorschriften sowie Vorschriften für die Marktüberwachung und Marktbeobachtung und regelt die Innovationsförderungen.
KI-Einsatz in der Treuhandbranche
Auch im Treuhandbereich gibt es verschiedenste Einsatzmöglichkeiten für Künstliche Intelligenz, wie zum Beispiel in der Buchhaltung, Dokumentenerkennung, Vermögensverwaltung, Analyse oder der Compliance. Im Vordergrund stehen Ziele wie Steigerung der Effizienz, Präzision und Beschleunigung von Prozessen inklusive Fehlererkennung und -vermeidung, Einsatz in der Analyse von Daten zum Vorhersagen von Entwicklungen und Identifikation von Risiken sowie Aufstellen von Strategien zur Risikominderung oder -vermeidung.
Herausforderungen ergeben sich auch hier insbesondere bezüglich des Schutzes personenbezogener Daten sowie der Nachvollziehbarkeit von Entscheidungen. Dokumentation, Nachvollziehbarkeit und Einhaltung der adäquaten Sicherung sensibler Unternehmensdaten sind gerade auch unter regulatorischen Gesichtspunkten eine unabdingbare Voraussetzung für den Einsatz von KI im Treuhandbereich. Ohne die Sicherstellung der Einhaltung dieser Voraussetzung käme ein Einsatz von KI für den die Verantwortung tragenden Treuhänder nicht in Frage.
Ob ChatGPT oder andere KI-Technologien – grundsätzlich bietet der Einsatz von KI auch für die Treuhandbranche vielfältige Chancen. Die Herausforderungen und potenziellen Risiken dürfen jedoch nicht ausser Acht gelassen werden. Die weitere Entwicklung, gerade auch in rechtlicher Hinsicht, bleibt somit gespannt abzuwarten.
Susan Schneider-Köder, Geschäftsführerin Liechtensteinische Treuhandkammer